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Kleingewerbe, Existenzgründung und Steuern

Wer in Deutschland ein Unternehmen gründen möchte, dem steht eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Förderung offen, auch wenn diese häufig indirekter Natur sind. So können Existenzgründer und Kleingewerbetreibende seit langem von umfassenden steuerrechtlichen und steuerlichen Vorteilen profitieren, die vor allem den Start in die eigene Existenz erleichtern sollen.

Jedoch sind diese Vorteile auch nicht ganz ohne jeden Haken, denn auch wenn der Staat und das Finanzamt hier großzügig erscheinen, steht fast jedem Vorteil ein Nachteil gegenüber. So muss man sich eine Vielzahl an steuerlichen Vorteilen, die auf den ersten Blick sehr reizvoll sind, letztendlich teuer erkaufen.

Weniger Pflichten, mehr Zeit für das Wesentliche

Die steuerlichen und steuerrechtlichen Befreiungen lassen sich grob in finanzielle und administrative Vergünstigungen unterteilen.

Administrative Befreiung bedeutet, dass Existenzgründer und Kleingewerbe von unnötigem, bürokratischem Aufwand befreit werden sollen bzw. ein geringer Kostendruck entsteht, da auf Verwaltungspersonal verzichtet werden kann und so mehr Zeit für den erfolgreichen Aufbau des Geschäfts zur Verfügung steht.

Konkret heißt das, dass Existenzgründer im Rahmen der Kleingewerberegelung:
– die Umsatzsteuerbefreiung nutzen und damit die Umsatzsteuervoranmeldung sparen können,
– statt der doppelten Buchführung die einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) nutzen können und somit
– keine Geschäftsbücher geführt werden müssen (mangels Aufzeichnungspflicht)

Die finanzielle Befreiung kann mit einer indirekten Subvention des Unternehmens aufgrund steuerlicher Vorteile und Steuerbefreiungen gleichgesetzt werden. Im Gegensatz zu vorherigen Regelungen setzt man verstärkt auf die Entlastung von Unternehmen in der Startphase anstatt Fördermittel zu verteilen, welche letztendlich wieder durch die steuerliche Belastung fast 1:1 abgeschöpft werden.

Für Existenzgründer und Kleingewerbe heißt das, dass sie von folgenden Steuervereinfachungen und Steuererleichterungen profitieren können:
– Befreiung von der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer),
– Nutzung der Sonderabschreibung zusätzlich zur linearen Abschreibung sowie
– Ist Versteuerung statt Soll Versteuerung.

Der Vorteil: Je nach Ausnutzung dieser Möglichkeiten kann der Unternehmensgewinn deutlich gesenkt werden – so entfällt als indirekte Steuersubvention in den Anfangsjahren die Zahlung der Gewerbesteuer (erst ab einem Jahresgewinn von 24.500 Euro bei Unternehmen nach § 11 Abs. 1 GewStG) sowie der Einkommensteuer (erst ab einem Einkommen von 8.004 Euro).

Gewerbe & Steuerbefreiung: Keine Vorteile ohne Nachteile

So verlockend, wie sich eine Steuerbefreiung anhört, so wenig ist sie es tatsächlich. Ähnlich wie bei der Steuererklärung kann man sich zwar Aufwand, Nerven und Zeit sparen und hat so mehr Zeit für das Unternehmen, jedoch hat das Finanzamt kein Interesse an Geschenken – so lässt es sich diese Vorteile meist dadurch sehr gut bezahlen, indem man wie bei der nicht abgegeben Steuererklärung häufig mehr an den Fiskus bezahlt, als man muss!

Einnahmen Überschuss Rechnung: Nachteil beim Wachstum

Wer die Einnahmen-Überschuss-Rechnung nutzt kann beispielsweise weder die Teilwertabschreibung noch Rückstellungen nutzen, da dies nur im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs möglich ist. Ein weiteres Problem besteht bei einer beabsichtigten Unternehmenserweiterung, die nur mit Fremdkapital möglich ist – denn Banken stützen sich bei der Risikoeinschätzung und bei Konditionsverhandlungen auch auf das (eigentlich) bilanzierte Betriebsvermögen, was mit der EÜR ebenfalls nicht möglich ist.

Zwar kann man auch noch später von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung / Gewinn-und-Verlust-Rechnung zur Bilanzierung übergehen, jedoch ist dies wiederum mit einem Mehraufwand verbunden und für unerfahrene Gewerbetreibende (ohne Buchhaltungspersonal) nicht ganz einfach.

Umsatzsteuerbefreiung: Mehr Fluch als Segen

Die Umsatzsteuerbefreiung ist für viele Jungunternehmer immer eine Art Segen nach dem Motto: „Endlich keine Mehrwertsteuer mehr zahlen müssen!“, da die Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % bei vielen Nichtselbständigen alles andere als beliebt ist. Als Unternehmer sollte man jedoch anders an die Sache herangehen, da die Umsatzsteuer letztendlich mehr ein durchlaufender Posten anstatt eine echte Mehrausgabe ist.

Während man sich mit der Umsatzsteuerbefreiung viel Arbeit aufgrund der fehlenden Umsatzsteuervoranmeldung ersparen kann und keine Mehrwertsteuer mehr ausweisen und an das Finanzamt abführen muss, verzichtet man jedoch auch auf die Anrechnung der Vorsteuer!

Vor allem bei Jungunternehmen in der Existenzgründungsphase ist das jedoch als ein gravierender Nachteil zu sehen, denn übersteigt die gezahlte Vorsteuer, die man mit Umsatzsteuerbefreiung genauso wie ohne Umsatzsteuerbefreiung zahlen muss, die abgeführte Mehrwertsteuer, kann man sich diesen Mehrbetrag vom Finanzamt erstatten lassen!

Lohnend ist das vor allem für Existenzgründer, da in der Gründungsphase häufig sehr hohe Kosten für die Betriebsausstattung und Warenlieferungen anfallen, auf die natürlich auch die Vorsteuer erhoben wird. Wer diese nicht anrechnen lassen kann, da er sich von der Umsatzsteuer hat befreien lassen, der zahlt reell mehr Steuern als er müsste, da man auf die mögliche Rückerstattung verzichtet.

Zudem gilt für die Umsatzsteuerbefreiung, dass ein Jahresumsatz (nicht Gewinn!) von 17.500 Euro im ersten Geschäftsjahr, sowie maximal 50.000 Euro Jahresumsatz im folgenden Geschäftsjahr nicht überschritten werden dürfen. Bei einer Überschreitung dieser Grenze kann die Umsatzsteuerbefreiung (ab diesem Zeitpunkt) entfallen, auch wenn die meisten Finanzämter und Finanzbeamten bei nur geringfügigen Abweichungen (mehrere hundert Euro), die durch einen einmaligen Umstand erklärbar sind, meist mit sich reden lassen.

Ist Versteuerung und Soll Versteuerung

Ein weiterer Steuervorteil ist die Ist Versteuerung, die bis zu einem Jahresumsatz von 125.000 Euro angewendet werden kann statt der Soll Versteuerung. Zwar bekommt man im Rahmen der Ist Versteuerung keinen direkten Steuervorteil oder gar eine Steuerermäßigung, aber immerhin eine Zahlpause.

Denn: Die Ist Versteuerung besagt, dass Einnahmen nur dann versteuert werden müssen, wenn diese tatsächlich erfolgten, sprich: Wenn durch das Unternehmen eingenommen wurden, beispielsweise durch Überweisung auf das Geschäftskonto oder Barzahlung in die Kasse. Bei der Soll Versteuerung müssen hingegen mögliche Einnahmen (aus offenen Rechnungen) versteuert werden.

Von Vorteil ist das für all jene Existenzgründer, welche sich nicht für die Umsatzsteuerbefreiung entschieden haben, da sie nicht die Umsatzsteuer auf mögliche Einnahmen, bei einer offenen Rechnung über einen Nettobetrag von 5.000 Euro immerhin 950 Euro, abführen müssen, was gerade bei knapper Kalkulation einen zusätzlichen Kostendruck darstellt.

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